Was ist der Unterschied zwischen den mekkanischen und medinensischen Suren?
Die Wissenschaft bezüglich der mekkanischen und medinensischen Suren im Koran
Question: 113148
Praise be to Allah, and peace and blessings be upon the Messenger of Allah and his family.
Die Fürsorge (Sorgfalt) der Muslimein Bezug auf den Koran ist eine überragende Fürsorge. Es gibt kein Buch auf demAngesicht der Erde, welches so eine Stellung im Bezug auf sein Studium, seineErklärung und seine Erläuterung erlangt hat, wie der Koran. DieGelehrten haben sogar hunderte eigenständige Wissenschaften ins Lebengerufen, welche sich mit ihm beschäftigen, und zu den wichtigstengehörte die Wissenschaft über „Das Mekkanische und das Medinensische“.
Es ist möglich, dass wir die Erläuterung dieser Wissenschaft des edlenKorans in folgenden Punkten kurzfassen:
Erstens:
Die fachspezifische Bedeutung von: „Das Mekkanische und das Medinensische“:
Es ist eine fachspezifische Bezeichnung, welche die Gelehrten ausgewählthaben, um zwischen den Versen und Suren zu unterscheiden, welche zur mekkanischenPhase der islamischen Botschaft herabgesandt wurden, und zwischen denen, welchezur Zeit der medinensischen Phase herabgesandt wurden. So wurde dieseUnterscheidung unter den meisten Gelehrten berühmt.
Das Mekkanische an Versen und Suren ist das, was vor der prophetischenAuswanderung (Hijra) herabgesandt wurde, ungeachtet dessen ob dies in Mekkaoder in ihren Vororten geschah.
Und das Medinensische an Versen und Suren ist das, was nach der prophetischenAuswanderung herabgesandt wurde, unabhängig davon, ob der Ort ihrerHerabsendung Medina war, Mekka nach der Eroberung oder irgendein Ort derarabischen Halbinsel, zu dem der Prophet, Allahs Segen und Frieden auf ihm,gegangen ist.
Zweitens:
Die Wichtigkeit dieser Wissenschaft und ihre Nutzen:
1. Die Erkenntnis über das Abrogierende (An-Nasikh) und das Abrogierte(Al-Mansukh):
Hier liegt ein gewaltiger Nutzen in Bezug auf das Verständnis des Koransund seiner Erläuterung. Die sich im Koran ereignende Abrogation (An-Naskh)bedeutet die Aufhebung des Urteils eines Verses durch ein neues Urteil. Um dieabrogierenden Verse zu bestimmten, ist es unabdingbar, dass man Kenntnis überdie Zeit ihrer Herabsendung hat, ereignete sich diese nämlich zur frühenZeit, zum Beginn des Islams, oder zu späterer Zeit. So abrogieren diemedinensischen Verse die mekkanischen, falls eine Abrogation tatsächlichauch aufgetreten ist.
2. Die Kenntnis über die Geschichte der Gesetzgebung und ihrer Phasen, sowiedie Suche nach den Weisheiten, welche hinter der schrittweisen Entwicklungihrer Urteile und Verse stecken, bis dann die Vollkommenheit zum Ende der Zeitder Prophetenschaft erreicht wurde. Es gibt keinen Zweifel daran, dass dieKenntnis über die Phasen der Gesetzgebung für das Verständnis derGesetzgebung selbst, sowie des Zwecks des Koran und seiner Weisheiten, sehrnützlich ist.
3. Die Erreichung eines gesunden undrichtigen Verständnisses von den Versen des Koran und seiner Suren. Diesesaus dem Grund, da die Kenntnis über den Zeitpunkt und Umstand der Herabsendungder Verse viel zu ihrem Verständnis und Ergründung ihrer Zweckebeiträgt. Wer nun die Texte aus ihrem zeitlichen und örtlichenZusammenhang herausreist, so hat er sich selbst den Weg der Wirklichkeit unddes gesunden Verständnisses versperrt (abgeschnitten).
4. Zu ihrem Nutzen gehört die Verdeutlichung der gewaltigen Fürsorge fürden Koran seitens der Muslime, denn sie haben nicht nur lediglich seine Textebewahrt, sondern darüber hinaus die Zeitpunkte überliefert, in welcher erherabgesandt wurde. Damit ist das die Zeugenschaft der absolutenZuverlässigkeit, welche die Gläubigen diesem gewaltigen Bucheinräumen.
5. Der sprachliche Genuss der erhabenen Stilmittel im edlen Koran. Sounterscheiden sich Suren in jeder ihrer Phasen, sei diese mekkanisch oder medinensisch,durch ihre klaren Stilmittel, welche dem entsprechen, was sie an Bedeutungenund Zwecken umfasst. Und jedes dieser Stilmittel hat seine Schönheit undGlanz, welche das Intellekt ergreifen und das Gehör erstaunen. DieKenntnis des Mekkanischen und Medinensischen verhilft zu diesem Genuss undnähert ihn dem Geist.
6. Die Kenntnis über die Lebensgeschichte (Sirah)des Propheten. Die Herabsendung des edlen Korans hat dreiundzwanzig Jahre inAnspruch genommen. Sie begleitete somit alle Geschehnisse, welche der Prophet,Allahs Segen und Frieden auf ihm, durchlebt hat. So ist das Verständnisdes Mekkanischen und Medinensichen eine Stütze der Wissenschaft bezüglich derLebensgeschichte des Propheten (Sirah) und eine Vervollkommnung ihres Studiums.
Drittens:
Der Unterschied zwischen dem Mekkanischen und Medinensischen:
Nach tiefgründigem Überlegen über die mekkanischen und medinensischenSuren ist es den Gelehrten deutlich geworden, dass der Unterschied zwischenihnen von zwei Seiten aus betrachtet werden kann, nämlich seitens desInhalts und seitens des Stils.
Schaikh ibn ‘Uthaimin, möge Allah ihm barmherzig sein, sagte:
„Der mekkanische Teil unterscheidet sich von dem medinensischen Teil durch denStil und die Thematik:
A. Unterscheidung aufgrund des Stils:
1. Das Überwiegende des Mekkanischen ist die Stärke des Stils undHärte der Ansprache, denn die überwiegend darin Angesprochenen sind jene,die sich abgewendet haben und die Hochmütigen, und ihnen gebührt nichtsaußer dies. Lies dazu die zwei Suren Al-Mudathir und Al-Qamar.
Was das Medinensische anbetrifft, so ist das darin Überwiegende die Mildedes Stils und die Leichtigkeit der Ansprache, da die überwiegend darinAngesprochenen jene sind, die offen für die Botschaft waren und die Bereitwilligen.Lies dazu die Sura al-Maaidah.
2. Das Überwiegende des Mekkanischen ist die Kürze der Verse und dieStärke der Debatte, da die überwiegend darin Angesprochenen trotzig undstreitlustig waren. So wurden sie damit angesprochen, was ihrem Zustand am bestenentspricht. Lies dazu die Sura at-Tur.
Was das Medinensische anbetrifft, so ist das Überwiegende darin dieLänge der Verse und die Erwähnung von Regeln, welche ohne Diskussionübertragen wurden, da deren Zustand dies verlangt. Lies dazu den Vers bezüglichder Schulden in Sura al-Baqara.
B. Unterscheidung aufgrund der Thematik:
1. Das Überwiegende des Mekkanischen ist die Wiederholung der Thematik desreinen Monotheismus (Tauhid) und des gesunden Glaubenfundaments (‘Aqidah),insbesondere im Bezug auf den Tauhid, welcher mit der Anbetung Allahs zu tunhat (Tauhid al-Uluhiyyah), der inneren Überzeugung (Iman) bezüglich derAuferweckung nach dem Tod (Ba’th), da die überwiegend darin Angesprochenendieses geleugnet haben.
Was das Medinensische anbelangt, so ist das darin Überwiegende diedetaillierte Erklärung der gottesdienlichen Handlungen (‘Ibadah) undBeziehungen, da in den Seelen der darin überwiegend Angesprochenen der reineMonotheismus (Tauhid) und das gesunde Glaubensfundament (‘Aqidah) schon gefestigtwaren. Sie bedurften somit der Erklärung der gottesdienlichen Handlungenund Beziehungen.
2. Die Ausführlichkeit in Bezug auf die Erwähnung des Jihad und seinerRegeln, die Erwähnung der Heuchler und ihrer Zustände wird immedinensischen Teil, der Erfordernis entsprechend, erwähnt. Dieses, da derJihad (zu dieser Zeit) vorgeschrieben und die Heuchelei offensichtlich wurde,im Unterschied zu der mekkanischen Zeit.
[Usul at-Tafsir (S.13)]
Dr. Mina’u al-Qattan, möge Allah ihm barmherzig sein, sagte:
„Die Gelehrten haben die mekkanischen und medinensischen Suren untersucht undhaben für jede mekkanische und medinensische Sura kontextbezogene Regelnabgeleitet, welche die Besonderheiten des Stils und der Thematik hervorheben,welche die Suren beinhalten. Sie haben dadurch charakteristische Regelnhervorgebracht:
Die Regeln des Mekkanischen und die Charakteristik seiner Thematik:
1. Jede Sura, in welcher eine „Sajdah“ vorkommt, so ist sie eine Mekkanische.
2. Jede Sura, in welcher der Ausdruck „Kallaa“ (Keineswegs) vorhanden ist, soist sie eine mekkanische Sura, und dieser tritt nicht auf, außer in derletzten Hälfte des Korans, und wurde in fünfzehn Suren insgesamtdreiunddreißig Mal erwähnt.
3. Jede Sura, in welcher der Vers „O ihrMenschen“ vorkommt und in ihr kein „O ihr, die ihr glaubt“ ist, so ist sie eineMekkanische, außer die Sura al-Hajj, da an ihrem Ende der Vers vorhandenist „O ihr, die ihr glaubt, verbeugt euch, werft euch nieder“. Nichtsdestotrotzerachten sie viele Gelehrte ebenfalls als mekkanisch.
4. Jede Sura, in welcher die Geschichten der Propheten und vergangenerVölker (Umam) erwähnt werden, so ist sie eine Mekkanische,außer die Sura al-Baqara.
5. Jeder Surah, in welcher Adam und Iblis erwähnt werden, so ist sie eineMekkanische, außer der Sura al-Baqara.
Die Regeln des Medinensischen und die Charakteristik seiner Thematik:
1. Jede Surah, in welcher eine Pflicht oder (islamrechtliche) Bestrafungvorkommt, so ist sie eine Medinensische.
2. Jede Sura, in welcher Heuchler erwähnt werden, so ist sie eineMedinensische, außer der Sura al-‘Ankabut, da sie eine Mekkanische ist.
3.Jede Sura, in welcher dieSchriftenbesitzer (Ahlu al-Kitab) zur einer Diskussion herausgefordert werden,so ist sie eine Medinensische.
Dieses war seitens der Regeln. Was jedoch die Charakteristik der Thematik unddes Stils betrifft, so kann man dies in Folgendem zusammenfassen:
1. Die Erklärung der gottesdienlichen Handlungen (‘Ibadah), derBeziehungen, der Strafen, der Organisation der Familie, der Erbschaftsfolge,des Vorzuges von Jihad, der gemeinschaftlichen Gebete, der staatlichenAngelegenheiten im Krieg und Frieden, der Regeln des Richtens und dergesetzgeberischen Angelegenheiten.
2. Ansprache der Schriftenbesitzer unter denJuden und Christen, ihr Aufruf zum Islam, die Verdeutlichung ihrerVerfälschung von dem Buch Allahs, ihres Abwendens von der Wahrheit undihrer Abweichung aus Missgunst untereinander, nachdem das Wissen zu ihnengekommen ist.
3. Die Aufdeckung der Verhaltensweisen der Heuchler, die Analyse ihrespsychischen Zustandes, die Beseitigung der Vorhänge ihrer Geheimnisse unddie Klarstellung ihrer Gefahr für die Religion.
4. Die Länge der Abschnitte und Verse als Stilmittel, um die Gesetzgebung(Schari’a) zu bestimmen, ihre Ziele und Durchsetzung zu verdeutlichen.“
[Ende des Zitates aus Mabahithu fi Ulum al-Qur’an (62-64)]
Abschließend:
Wer Details zu dieser Wissenschaft möchte, nach Aussagen der Gelehrtendiesbezüglich sucht, ihrer Aufzählung der mekannischen und medinensischenSuren, ihren Meinungsunterschieden bezüglich einiger davon oder nach derAntwort auf die Scheinargumente der Orientalisten, welche sie um dieses Themaaufgeworfen haben, so soll er auf die folgende Literatur zurückgreifen:
„Al-Burhanu fi ‘Ulumi al-Qur’ani“ von az-Zarkaschi (1/187-206), „Al-Itqanu fi’Ulum al-Qur’an“ (1/34-59), „Manahil Al-‘rfan fi ‘Ulum al-Qur’an“ von Muhammad ‘Abduladhimaz-Zarqani (1/135-167).
Und Allah weiß es am besten.
Source:
Islam Q&A